Mittwoch, 13. September 2006
Über Un-Wörter
Die deutsche Sprache ist unlogisch, man nehme nur die Vorsilbe Un-. Im allgemeinen dient sie zur Verneinung von Eigenschaften und Zuständen wie bei Unvermögen, Unachtsamkeit oder Ungeduld. Doch wie sieht es aus mit Menge und Unmenge, Kosten und Unkosten, Summen und Unsummen, die jeweils dasselbe bedeuten? Hier wirkt die Vorsilbe bedeutungsverstärkend. Ist Unrat die Verneinung von Rat, Unmut die Verneinung von Mut, Unwetter die von Wetter? Bei solchen Wörtern bedeutet die Vorsilbe, dass etwas schlecht, falsch oder unangenehm ist.
Die Untiefe kann das Gegenteil von Tiefe (abgeleitet von Un- als Verneinung, also nicht tief) bedeuten, als Zusammensetzung mit Tiefe aber eine ungeheure Tiefe. »Hans, der mit Paul verwandt ist, starrt unverwandt auf das Fenster« – was haben verwandt und unverwandt miteinander zu tun?
Doch Vorsicht: Diese Art von Un-Wörtern kann gefährlich werden, weil sie oft erniedrigend gebraucht wird und im Leser Un-Willen hervorruft: wenn Unfug zur Untat wird, die Unperson zum Unmenschen, wenn vom unwerten Leben und unwerten Dasein gesprochen wird.
Unwörter können auch zu Reizwörtern werden: Du undankbares Kind! Dein Lehrer sagte uns, dass deine Leistungen ungenügend sind, dass du unpünktlich, unartig und unwillig bist. Wir geben uns ungeheure Mühe mit Dir, aber du bist unvernünftig, unerträglich und unerfreulich. Geh in dein Zimmer und komme erst wieder, wenn du nicht mehr so unfreundlich und unleidlich bist. Unfassbar, was du uns mit unserer unendlichen Geduld antust. Kein Wunder, dass sich solch ein Kind unangenommen und ungeliebt – unwürdig fühlt und immer unter Unsicherheit, Unzufriedenheit und dem Gefühl der Unzulänglichkeit leiden wird.
Versuchen Sie, für Wörter die mit der Vorsilbe -un beginnen, vor allem bei Zusammensetzungen mit einer weiteren Vorsilbe, bessere Ausdrücke zu finden. Sie wirken unschön, ungeschickt und unprofessionell.
Siehe dazu auch:
http://juttas-schreibtipps.blogspot.com/2011/10/uber-deppen-aussagen-selbstmord-und.html und http://juttas-schreibtipps.blogspot.com/2006/07/mgen-htte-ich-schon-wollen-aber-drfen.html
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