(Leider glauben zu viele neue Autoren, daß diese Formalien zweitrangig sind – sie sind es nicht.)
Kurzgeschichten – so kurz wie möglich, so lang wie nötig.
Das Manuskript einer Kurzgeschichte muß immer – wie auch eine Romanvorlage – als Manuskriptseiten, einseitig ausgedruckt verschickt werden, selbstverständlich niemals Handgeschriebenes: 30 Zeilen pro Seite / ca. 60 Zeichen (mit Leerzeichen!) pro Zeile bei 1,5 Zeilen-abstand, Schrift (z. B.) Times New Roman 12. Eine Kurzgeschichte ist eine Geschichte, an der man sehr lange arbeiten muß, um sie so kurz und so gut wie möglich zu machen.
Jedes Wort zuviel ist zuviel – also werden alle Füllwörter und Füllsätze gestrichen.
In der Kurzgeschichte, aber auch in Romanen, wird der Stil durch das Weglassen von Unwesentlichem geprägt. Die fünf großen „W“ sind nicht nur für Journalisten gültig: wer, was, wann, wo, warum. Die Substanz der Geschichte (der Konflikt) muß in einem Satz ausgedrückt werden können, die Geschichte ist nur dann gut, wenn sich die Handlung in wenigen Sätzen zusammenfassen läßt. Schon der Anfang einer Erzählung muß fesseln, die Spannung sollte möglichst mit dem ersten Satz beginnen, also: ein Ereignis ankündigen, eine Erwartung schaffen, den Leser zum Weiterlesen verführen. Keine lange Gedankenmonologe.
Überflüssiges streichen. Was weder die Handlung vorwärts treibt noch die Geschichte würzt, ist überflüssig, es wird gestrichen – und zwar gnadenlos – und das nicht nur bei Kurzgeschichten, auch bei Erzählungen und Romanen, wo der Autor zu häufig ins Schwafeln gerät. Immer so straff und dicht wie nur möglich schreiben, jedoch mehr, als eigentlich gebraucht wird. Das heißt, wenn sechs Seiten (und das sind immer Manuskriptseiten!) verlangt werden, wenigstens sieben Seiten schreiben, dann muß herausgestrichen werden, um auf die erforderlichen sechs Seiten zu kommen, die dann abgeschickt werden können. Keine ewigen Beschreibungen (von Menschen, Häusern, Landschaften und so weiter), wenn es die Geschichte nicht erfordert, sondern ein einziges Charakteristikum sorgsam ausgewählt kann schon ausreichen. Keine langen Gedankenmonologe oder Erklärungsversuche „was der Autor meint“.
Recherchen, die Wochen und Monate dauern können, sind notwendig, wenn man über Dinge schreiben will (oder muß), die man nur flüchtig oder vom Hörensagen kennt. Ein Mediziner kann zum Beispiel nicht – ohne Fachbücher zu studieren, Gespräche zu führen etc. – seinen Protagonisten Rinderfarmen leiten lassen, oder umgekehrt.
Statt Substantive mehr Verben (nicht: im Besitz sein, sondern: besitzen), und nicht zu viele Adjektive verwenden. Adjektive sind nur dann richtig, wenn auch das Gegenteil einen Sinn ergibt: echter Schmuck – unechter Schmuck. Es gibt aber keinen echten (unechten) Sommer ... außer – sehr sparsam – in der wörtlichen Rede. Schachtelsätze/Bandwurmsätze, Wiederholungen, Ausrufezeichen und Modewörter vermeiden. Unterscheiden Sie zwischen Trenn- Binde- und Gedankenstrichen. In wörtlichen Reden muß erkennbar sein, wer was fragt/antwortet – die Personen bekommen also jeweils eine neue Zeile. Sparsam mit Fremdwörtern umgehen – ausgenommen, sie sind fest eingebürgert, verständlich und nicht durch deutsche Wörter zu ersetzen. Keine abgenutzten Redensarten verwenden (vom Regen in die Traufe kommen/ kapitaler Hirsch ...) Im Text (dem Leser) Fragen zu stellen ist nicht sinnvoll, wörtliche Rede und gedachte, sparsame Monologe natürlich ausgenommen.
Wenn maximal acht Seiten für eine Anthologie ausgeschrieben sind, nicht neun Seiten einsenden. Verlage erhalten für Anthologieausschrei-bungen meist weit über 200 Texte. Autoren, die sich nicht nach den Ausschreibungsregeln richten haben selbst mit der besten Geschichte keine Chance, es wird oft noch nicht mal angelesen. Die Zahlen eins bis zwölf werden ausgeschrieben, ausgenommen beispielsweise Uhrzeiten. Keine Abkürzungen im Manuskript (usw., km, kg, ca. ...) – das wird alles ausgeschrieben. Nicht verkrampft nach Wörtern suchen. Es gibt nur eine deutsche Sprache, und man sollte sich nicht allzu weit vom Sprechdeutsch entfer-nen, nicht gewollt originell schreiben. Den eigenen Text immer wieder – sich selbst – laut vorlesen, überarbeiten, bis er Ihnen hundertprozen-tig gefällt. In der Hausbibliothek stehen außer Duden, Fremdwörterlexikon und diversen Nachschlagewerken mindestens zwei Synonyme-Bücher.
Bevor ein Manuskript auf den Weg gebracht wird:
• jeder Computer hat ein Rechtschreibprogramm – alte oder neue Rechtschreibung, keine handschriftlichen Ergänzungen im Manuskript,
• Titelung nicht vergessen (nicht den Titel der Anthologie-Ausschreibung verwenden),
• Seitenzahlen nicht vergessen, Seiten lose in Mappe/Hülle legen, nicht in Ordnern abheften,
• das Anschreiben ist höflich, kurz und bündig – ohne Lobhudelei, ohne persönliche Bemerkungen, ohne Manuskripterklärungen. Eventuelle Empfehlungen (anderer Autor, anderer Verlag) mit einem Satz erwähnen, nicht ausschweifig erklären.
• Die Vita ist sachlich (nicht bei Adam und Eva beginnen), maximal eine Seite: wann geboren, eventuell der Beruf, ob, wo und wann bereits veröffentlicht wurde. „Zahlreiche Beiträge in Literaturzeitschriften“ reicht, keine langatmigen Aufzählungen. Bei Buchveröffentlichungen: wann und wo. Wenn ein Verlag mehr wissen möchte, wird nachgefragt. Oft werden nur fünf bis sechs Zeilen Vita gewünscht, dann auch nicht mehr schreiben.
• Wenn ein Ansprechpartner namentlich bekannt ist, und er bereits im Adreßfeld vermerkt wurde, dann sollte man ihn auch ansprechen und nicht „Sehr geehrte Damen und Herren“ oder „Hallo“ schreiben – Ihr Anschreiben ist schließlich Ihre Visitenkarte.
• Ausreichend Rückporto nicht vergessen – entweder für eine komplette Rücksendung oder lediglich ein Antwortschreiben.
• Für Roman-Manuskripte wird außerdem das Genre (Krimi, Mystik, Jugendbuch ...) angegeben und ein Inhaltsverzeichnis beigelegt. Auch hier kurz fassen, nur den Inhalt sachlich auf einer Seite wiedergeben ohne persönliche Anmerkungen,
• die Anzahl der Manuskriptseiten des vollständigen Romans vermerken.
• Vor allen Dingen immer erst fragen, ob und was der Verlag zur Beurteilung haben möchte.
Anmerkung: Nur Disketten/CDs schicken, wenn es ausdrücklich gewünscht wird.
Nicht ohne nachzufragen per E-Mail Stories zusenden, sie werden ungelesen gelöscht – nicht nur wegen Virusgefahr. Lektoren lesen nicht am Bildschirm, sondern sie sitzen bequem, studieren die Manuskripte mit einem Stift in der Hand, trinken Kaffee ... Es werden auch keine Texte von Autoren-HPs heruntergeladen. Autoren sollten die Wünsche der Verlage respektieren und nur das schicken, was angefordert wird.
Autoren schreiben nicht nur, sondern lesen, lesen, lesen – Werke bekannter und unbekannter Autoren. Und, so bitter es klingt: Familienangehörige, Freunde und Bekannte sind keine objektiven Kritiker. Das können sie nicht sein, denn sie mögen den Poeten, lesen seine Geschichten mit anderen Augen, wollen ihn nicht verbessern oder gar verletzen.
(Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Monika Wunderlich, VIRPRIV VERLAG; siehe auch virpriv.de)
Wahre Worte :)
AntwortenLöschenWie ich sehe, gibt es VirPriv ja immer noch. Schön. Hatte mal vor längerer Zeit Kontakt zur Chefin.
"Überflüssiges streichen. Was weder die Handlung vorwärts treibt noch die Geschichte würzt, ist überflüssig, es wird gestrichen – und zwar gnadenlos – und das nicht nur bei Kurzgeschichten, auch bei Erzählungen und Romanen, wo der Autor zu häufig ins Schwafeln gerät."
AntwortenLöschenAchwas?!
(gezeichnet: M. Proust)