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Samstag, 3. November 2012

Goethe über eine Million Leser und über Kritiker*

Wer aber nicht eine Million Leser erwartet, sollte keine Zeile schreiben.

Johann Wolfgang von Goethe am 12. Mai 1825

(In Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Brockhaus 1868, S. 220; http://www.wissen-im-netz.info/literatur/goethe/biografie/eckermann/1825/18250512.htm

Hier ist das vollständige Zitat:
Überall lernt man nur von dem, den man liebt. – Solche Gesinnungen finden sich nun wohl gegen mich bey jetzt heranwachsenden jungen Talenten, allein ich fand sie sehr spärlich unter Gleichzeitigen. Ja ich wüßte kaum einen einzigen Mann von Bedeutung zu nennen, dem ich durchaus recht gewesen wäre. Gleich an meinem Werther tadelten sie soviel, daß, wenn ich jede gescholtene Stelle hätte tilgen wollen, von dem ganzen Buche keine Zeile geblieben wäre. Allein aller Tadel schadete mir nichts, denn solche subjektive Urtheile einzelner obgleich bedeutender Männer stellten sich durch die Masse wieder ins Gleiche. Wer aber nicht eine Million Leser erwartet, sollte keine Zeile schreiben.
Nun streitet sich das Publikum seit zwanzig Jahren, wer größer sei: Schiller oder ich, und sie sollten sich freuen, daß überhaupt ein paar Kerle da sind, worüber sie streiten können.
*Aua. Da hatte ich mir aber einen Lapsus erlaubt: Die Überschrift lautete ursprünglich "Goethe über eine Million Leser und Kritiker". Aber alles was recht ist: Von einer Million Kritiker hat der Meister nicht gesprochen. Daran sieht man mal wieder, wie sehr es auf die Stellung von Wörtern in einem Satz ankommt.

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