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Sonntag, 4. November 2012

Fontane über das Schreiben(-Müssen) + Zitat von Goethe

Trotz starken Abattu-seins* hab' ich auch heute wieder mein Kapitel geschrieben nach dem alten Goethe-Satze: »Gebt ihr euch einmal für Poeten, So kommandirt die Poesie.«** Daß es gleich gut wird, ist schließlich auch nicht nöthig und auch eigentlich von dem der täglich sein Pensum arbeitet auch nicht zu verlangen. Es wird wie’s wird. In der Regel steht Dummes, Geschmackvolles***, Ungeschicktes neben ganz Gutem und ist Letztres nur überhaupt da, so kann ich schon zufrieden sein. Ich habe dann nur noch die Aufgabe es herauszuspulen. Dies ist zwar mitunter nicht blos mühsam, sondern auch schwer, es giebt einem aber doch eine Beruhigung zu wissen »ja, da ist es, suche nur und finde.«

* Von franz. être abattu = deprimiert, niedergedrückt sein.
 ** Aus Faust. Eine Tragödie. Erster Theil. Cotta’sche 1838, S. 16.
*** In manchen Ausgaben auch »Geschmackloses«, das ist jedoch ein Druckfehler (siehe u. a. hier).

Theodor Fontane an Emilie Fontane am 14. 5. 1884 (Aus Werke, Schriften und Briefe. Hanser 1990, S. 916)

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