Die vollkommene sprachliche Form ist klar und zugleich nicht banal. Die sprachliche Form ist am klarsten, wenn sie aus lauter üblichen Wörtern besteht … Die sprachliche Form ist erhaben und vermeidet das Gewöhnliche, wenn sie fremdartige Ausdrücke verwendet. Als fremdartig bezeichne ich die Glosse*, die Metapher, die Erweiterung und überhaupt alles, was nicht üblicher Ausdruck ist. Doch wenn jemand nur derartige Wörter verwenden wollte, dann wäre das Ergebnis entweder ein Rätsel oder ein Barbarismus: wenn das Erzeugnis aus Metaphern besteht, ein Rätsel, wenn es aus Glossen besteht, ein Barbarismus. Denn das Wesen des Rätsels besteht darin, unvereinbare Wörter miteinander zu verknüpfen und hiermit gleichwohl etwas wirklich Vorhandenes zu bezeichnen. Dies läßt sich nicht erreichen, wenn man andere Arten von Wörtern zusammenfügt, wohl aber, wenn es Metaphern sind, z. B. »Ich sah einen Mann, der mit Feuer Erz auf einen Mann klebte« und dergleichen mehr. Aus Glossen ergibt sich der Barbarismus. Man muß also die verschiedenen Arten irgendwie mischen. Denn die eine Gruppe bewirkt das Ungewöhnliche und Nicht-Banale, nämlich die Glosse, die Metapher, das Schmuckwort und alle übrigen genannten Arten; der übliche Ausdruck hingegen bewirkt Klarheit. Durchaus nicht wenig tragen sowohl zur Klarheit als auch zur Ungewöhnlichkeit der sprachlichen Form die Erweiterungen und Verkürzungen und Abwandlungen der Wörter bei. Denn dadurch, daß sie anders beschaffen sind als der übliche Ausdruck und vom Gewohnten abweichen, bewirken sie das Ungewöhnliche, dadurch aber, daß sie dem Gewohnten nahestehen, die Klarheit. Daher haben diejenigen unrecht, die eine solche Ausdrucksweise verwerfen und sich über den Dichter lustig machen, wie es der ältere Eukleides getan hat. Der behauptete nämlich, es sei leicht zu dichten, wenn es erlaubt sei, die Worte nach Belieben zu erweitern, und er parodierte den Dichter in eben diesem Sprachgebrauch … Derlei Erweiterungen derart auffällig zu gebrauchen, ist lächerlich; hierbei maßvoll zu verfahren, ist die Regel, die für alle diese Wortarten gemeinsam gilt. Denn wenn man Metaphern und Glossen und die übrigen Arten unpassend verwendet, dann erreicht man dieselbe Wirkung, wie wenn man sie eigens zu dem Zweck verwendet, Gelächter hervorzurufen.
*Glosse bedeutete in der Antike „fremdartiges Wort“
Aristoteles: Poetik
Mehr zu Metaphern siehe http://juttas-schreibtipps.blogspot.com/search/label/Metaphern
Samstag, 4. April 2009
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