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Mittwoch, 25. März 2009

Nomen sind omen (Über Namen. II)


Nomina sunt ipso paene timenda sono.
(Schon wie sie klingen, sind solche Namen zu fürchten.) (OVID)
Viele Vornamen entstammen dem Lateinischen, Hebräischen oder Germanischen und haben eine Bedeutung. Nehmen Sie Nomen est omen wörtlich und geben Sie Ihren Helden Vornamen, deren Bedeutung ihren Charakteren oder Handlungen entspricht. Ein Mann, den das Schicksal stiefmütterlich behandelt, ist kein Felix (von lat. felix: glücklich) und eine Frau, die vom Pech verfolgt wird, keine Beate (von lat. beatus: glückselig). (In Vornamenbüchern finden Sie den Sinngehalt.)
Auch Nachnamen sollten Sie überlegt wählen. Es ist zwar einfach, das Telefonbuch zu wälzen, wirkungsvoller jedoch sind Nachnamen, die eine Bedeutung haben. Im Stiller aus FRISCHS gleichnamigem Roman steckt still im wahrsten Sinne des Wortes, aber auch im Sinne von stiller als und von stillen zum Beispiel von Sehnsüchten, Begierden oder Rache. In Thomas MANNS Aschenbach im Tod in Venedig steckt die Asche; die Bedeutung des Namens Grünlich muss ich nicht erklären. Die Übersetzung von Agatha CHRISTIES Detektiv Poirot lautet Lauch – kein Wunder, dass er ein besonderes Ego entwickelte – und die von SÜSKINDS Mörder Grenouille im Parfum Frosch. – Das kennzeichnet dessen Charakter besser als tausend Worte. – Heßling in Heinrich MANNS Untertan kann mit hässlich gedeutet werden. In Effi Briest steckt das Biest, der Vorname bezeichnet mit der Koseform von Elfriede eine junge Frau, und der Ort Briest (gleich Birkenort) in der Mark Brandenburg weist auf ihre Herkunft hin. – Offensichtlich konnte FONTANE sie gar nicht anders nennen, denn er schimpft selbst über »diesen affigen Effi-Namen«. –* Martin WALSER gibt im Lebenslauf der Liebe einer seiner Hauptfiguren, ein scheinbar mondänes Luxusweibchen, das aus einfachen, frommen Verhältnissen stammt, den »womöglich angemessen unmöglichen« Namen Susi Gern (aus einem Interview mit dem SPIEGEL).
Egon FRIEDELL schreibt in Kulturgeschichte der Neuzeit zur Namensgebung bei Wilhelm BUSCH:
Die höchste Meisterschaft der Lautbehandlung zeigt er unter anderem auch in der Erfindung der Namen. Bisher hatte man die Komik auf diesem Gebiet in Begriffsassoziationen gesucht, was aber bloß witzig ist. So verfährt selbst noch Nestroy, wenn er zum Beispiel einen Wirt Pantsch oder einen Dieb Graps nennt. Buschs Namen hingegen sind gefühlsdeskriptiv, onomatopoetisch, sie malen nicht mit Anspielungen, sondern mit Klängen, wie dies der große Lyriker und das kleine Kind tut. Ein milder salbungsvoller Rektor heißt Debisch, ein barscher plattfüßiger Förster Knarrtje, ein grauslicher alter Eremit Krökel, ein dicker Veterinärpraktikant Sutitt, ein flotter Kavalier Herr von Gnatzel. Schon bei dem einfachen Namen Nolte steigt die ganze muffige und doch anheimelnde Hinterwelt eines kleinen deutschen Landnestes auf.
Der Name Meursault des Fremden bei CAMUS ist eine Verschmelzung von meutre (Mord) und seul (allein) oder mer und soleil (Meer und Sonne). Misery in KINGS Misery Chastain bedeutet Elend, und in Chastain erkennen wir chaste (keusch, rein, anständig), chasten (züchtigen und läutern) oder chase (jagen, verfolgen); vielleicht hat King aber auch disdain (Verachtung, Hochmut) gemeint. Henry JAMES nennt in seinem Roman Die goldene Schale eine Figur Fanny Assingham. Fan steht für fan und Ventilator, fanny und ass sind vulgäre Bezeichnungen für den verlängerten Rücken, und ham bedeutet Schinken, Oberschenkel. – Gönnen Sie sich den Spaß, falls Sie sich einmal langweilen sollten, und deuten Sie Namen. Lassen Sie Ihre Assoziationen fließen. Es gibt noch vieles zu entdecken. –

1 Kommentar:

  1. Ich finde die Gedanken sehr interessant, denn für mich haben Namen keinerlei Bedeutung, weder im Leben, noch im Roman. Das was man zu einem Namen denkt, ist immer subjektiv. Warum soll im Roman ein Pechvogel nicht Felix heißen? Es wäre die Negation der Negation und gerade deshalb interessant. Auch denke ich, es ist die Summe der eigenen Erfahrung, die einen Namen für einen Leser auf oder abwerten. Für mich sind Namen wie Hans, Bodo oder Peter eigentlich als Romanname out, denn sie haben einen etwas negativen, primitiven Beigeschmack - völlig wertfrei, denn der Mensch ist die Persönlichkeit -. Noch weniger Gedanken mache ich mir über ausländische Namen. Ein Buchautor sollte es verstehen die Person zu zeichnen, welchen Namen sie hat ist mir zwar nicht wichtig, doch ist es in meinen Augen ein negativ belegter Name, lese ich das Buch nicht. Insofern ist es durchaus klug, seinen Romanfiguren keinen Namen zu geben, oder einen, mit dem der Deutsche nichts verbinden kann, dann kann man nämlich in keinen Konflikt kommen.

    Wie gesagt, dass was hier über Namen geschrieben steht, mag vielleicht richtig sein, doch wohl kaum allgemeingültig. Romannamen bedienen Klischees und sollte man sich nicht gerade davor hüten??

    J.S.

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