„Was soll ein Roman? Er soll uns, unter Vermeidung alles Übertriebenen und Hässlichen, eine Geschichte erzählen, an die wir glauben. Er soll zu unserer Phantasie und unserem Herzen sprechen, Anregung geben ohne aufzuregen; er soll uns eine Welt der Fiktion auf Augenblicke als eine Welt der Wirklichkeit erscheinen, soll uns weinen und lachen, hoffen und fürchten, am Schluß aber empfinden lassen, teils unter lieben und angenehmen, teils unter charaktervollen und interessanten Menschen gelebt zu haben, deren Umgang uns schöne Stunden bereitete, uns förderte, klärte und belehrte.
Das etwa soll ein Roman. (…) (S. 239)
Dies führt uns nach allem, was wir vorstehend über die Aufgabe des Romans gesagt haben, zu der zweiten weitergehenden Frage: Was soll der moderne Roman? Welche Stoffe hat er zu wählen? Ist sein Stoffgebiet unbegrenzt? Und wenn nicht, innerhalb welcher räumlich und zeitlich gezogenen Grenzen hat er am ehesten Aussicht, sich zu bewähren und die Herzen seiner Leser zu befriedigen.
Für uns persönlich ist diese Fragenreihe entschieden. Der Roman soll ein Bild der Zeit sein, der wir selber angehören, mindestens die Widerspiegelung eines Lebens, an dessen Grenze wir noch selbst standen oder von dem uns unsere Eltern noch erzählten. (…) (S. 241f.)
(Theodor Fontane: Gustav Freytag – Die Ahnen (1875). In Theodor Fontane: Aus dem Nachlass. F. Fontane 1908)
Freitag, 7. Oktober 2011
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