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Samstag, 24. September 2011

Arthur Schopenhauer über Titel

Was einem Briefe die Aufschrift, das soll einem Buche sein Titel seyn, also zunächst den Zweck haben, dasselbe dem Theil des Publikums zuzuführen, welchem sein Inhalt interessant seyn kann. Daher soll der Titel bezeichnend, und da er wesentlich kurz ist, koncis*, lakonisch, prägnant und wo möglich ein Monogramm des Inhalts sein. Schlecht sind demnach die weitschweifigen, die nichtssagenden, die schielenden, zweideutigen, oder gar falschen und irreführenden Titel, welche letztere ihrem Buche das Schicksal der falsch überschriebenen Briefe bereiten können. Die schlechtesten aber sind die gestohlenen Titel, d. h. solche, die schon ein andres Buch führt; denn sie sind erstlich ein Plagiat und zweitens der bündigste Beweis des allertotalsten Mangels an Originalität: denn wer deren nicht genug hat, seinem Buch einen neuen Titel zu ersinnen, wird noch viel weniger ihm einen neuen Inhalt zu geben fähig seyn. Diesen verwandt sind die nachgeahmten, d. h. halb gestohlenen Titel, z. B. wenn lange, nachdem ich „über den Willen in der Natur“ geschrieben habe, Oersted „über den Geist in der Natur“ schreibt.

Arthur Schopenhauer, Über Schriftstellerei und Stil.

(In Parerga und Paralipomena: kleine philosophische Schriften, Bd. 2. Hayn, 2. Aufl. 1862, S. 540)

Siehe auch „Das Kind muss einen Namen haben: Über Titel“  http://juttas-schreibtipps.blogspot.com/2011/06/das-kind-muss-einen-namen-haben-uber.html

*von lat. consisus = kurzgefasst

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