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Samstag, 19. September 2009

Ein Ding der Unmöglichkeit oder: Über die Subjektivitis. I


Wenn die Sprache nicht stimmt, dann ist das, was gesagt wird,
nicht das, was gemeint ist. (KONFUZIUS)

Zielsetzung und Anliegen dieser Abhandlung ist desgleichen, seitens der Autorin einem dringenden Bedürfnis der Adressaten entsprechend Aufschluss bezüglich dessen zu geben, welche Begriffe einem vorzüglichen Deutsch gemäß sind, und damit zur Problemlösung dieser Fragestellung zu dienen.

– Ist Ihnen bei diesem Satz etwas aufgefallen? Glückwunsch! Wie würden Sie formulieren, nein, wie würden Sie ihn schreiben? Vielleicht so: »Ich möchte, dass Sie nach dem Lesen meines Buches wissen, was gutes Deutsch ist.« Zielsetzung, Anliegen, Adressat, Abhandlung, einem Bedürfnis entsprechen, Aufschluss geben, hinsichtlich sind Bürokratendeutsch. Schwülstig klingen auch desgleichen und vorzüglich. –

Was für ein mit vielen Worten nichtssagender Satz! Und doch müssen wir viel zu oft derartiges lesen. Nicht nur in Amtsblättern, sondern auch in Texten, ob es Fachartikel oder Belletristik ist. Vielen Wissenschaftlern, die sich an Romane oder Kurzgeschichten wagen, fällt es schwer, sich einfach auszudrücken, und nicht nur ihnen. So manch Beamter wird die gleichen Schwierigkeiten haben.

Sie, lieber Leser, wissen jedoch, dass der Amtsschimmel bei solchen Worten formelhaft wiehert und keine Bilder hervorruft, und erliegen nicht der Verlockung, zu diesem Zeitpunkt statt jetzt zu schreiben (da Sie wissen, dass jetzt ein Blähwort ist, lassen Sie es eh weg), keine Seltenheit statt häufig, ein Ding der Unmöglichkeit statt unmöglich, unter Beweis stellen statt beweisen, in Abrede stellen statt bestreiten. Sie schweigen, wenn andere strenges (noch besser strengstes) Stillschweigen bewahren, Sie mutmaßen nicht, sondern vermuten, gehen auch nicht aus von etwas, sondern nehmen an. Sie schreiben auch keine Worthülsen wie anbei, andernfalls, angesagt sein, baldmöglichst, Basis beziehungsweise Grundlage, beiliegend, Beschaffenheit, bezüglich, Bezug nehmend, diesbezüglich, gegebenenfalls, Gegebenheiten, gewähren, Größenordnung, hiermit, hinsichtlich, im Rahmen von, eine Maßnahme ergreifen, oben genannt, schnellstmöglich, teilen wir Ihnen mit, umgehend, unter Bezug auf, verfügbar, verfügen über, verbleiben, zu unserer Entlastung, zwecks.

Sie wissen auch, dass Substantive mit der Endung -ung bürokratendeutsch sind, wie Abwicklung, Arbeitsbedingungen, Ausübung, in Bewegung setzen, Bestätigung geben, eine Bestrafung durchführen, Erzeugung, Gewährung, Verpflichtung, zur Verfügung stehen/stellen, oder der scheußliche Satz In Erwartung ihrer Großmutter hatte Pia die Hoffnung, dass diese für die Opferung der kostbaren Zeit eine Belohnung mitbringen würde. Und Sie wissen, dass die beliebten Wendungen beinhalten, vergegenwärtigen, versorgen mit … und Ebene (auf allen Ebenen) in die Mottenkiste gehören – alles Wendungen, bei denen wir innerlich zusammenzucken.

Wie oft müssen wir zwischenzeitlich statt inzwischen lesen, in Augenschein nehmen statt anschauen, in Angriff nehmen statt beginnen; da wird von der weitgehenden (wenn nicht gar weitestgehenden) Klärung, dem strittigen Punkt, von zum Tragen kommen gesprochen.

Ich möchte Ihnen mit meinem Eintrag hier keine Hilfestellung leisten, sondern helfen, und ich stimme Ihnen vollinhaltlich zu, sollten Sie beschließen, diese verstaubten Wörter in Zukunft wegzulassen (und über vollinhaltlich gestolpert sind).

Beamte lieben aber auch Infinitivkonstruktionen mit ist … zu oder hat … zu: Die Zahlung hat am 1. eines Monats zu geschehen, der Termin ist pünktlich einzuhalten. Sie schlagen damit einen Oberlehrer- oder Kommandoton ein, den sie tunlichst – was hat das Wort tunlichst hier zu suchen? – streichen sollten. Ich streiche es also auch und schreibe: den Sie nicht anschlagen dürfen.

Fortsetzung hier

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