als eine Art von Folter brauchen, wenn sie jemand
probieren wollen, ob er ihrer Freundschaft wert sei (L):
Um einen Freund im Fuchsbalg auszufinden
mach einer Verse! - Wenn man Quintilius
etwas vorlas, so hieß er euch bald dies bald das
verbessern. Sagte man: es gehe nicht,
man hab es schon vergebens zwei- bis dreimal
versucht: so hieß er euch die ganze Stelle
durchstreichen, und die schlecht geprägten Verse
noch einmal auf den Amboß legen. Wenn
nun aber jemand seine Fehler lieber
behaupten als verbessern wollte, so
verlor er auch kein Wörtchen mehr, und konnt
es wohl geschehen lassen, daß der Mann
sich und sein Werkchen ohne Nebenbuhler liebte.**
Ein Freund, ders redlich meint und richtig denkt,
wird keine Härte, wird nichts mattes dulden;
die üppigen Ranken schneidet er frisch hinweg,
dem was nicht klar genug ist zwingt er euch
mehr Licht zu geben, läßt nichts doppelsinnigs,
nichts schielends, oder was am rechten Ort nicht steht,
unangezeichnet, kurz, er wird ein Aristarch*,
und denkt nicht: ei, was soll ich meinem Freunde
Verdruß mit solchen Kleinigkeiten machen?
O! solche Kleinigkeiten können für den Freund,
der gleich aufs erstemal sich lächerlich
gemacht und schlecht vom Publikum
empfangen wird, sehr große Folgen haben.
*Wie Horaz einen schlechten Dichter, wenn er ihn recht arg schimpfen will, einen Chörilus nennt, so ist ihm Aristarch (der berühmte Emendator der Handschriften von Homers Werken) das Ideal eines Kunstrichters; und ich denke nicht daß es einer gewichtigern Autoriät bedarf, um die Verkleinerer dieses Kunstrichters zu Boden zu wägen.
(In Horazens Brief an L. Calpurnius Piso und seine Söhne [Von der Dichtkunst (De arte poetica)], übersetzt von Christoph Martin Wieland)
**In der Übersetzung von Eckhard Schäfer heißt diese Passage:
Wenn du Quintilius etwas vortrugst, sagte er wohl: „Verbessere bitte dies hier und dies“. Behauptetest du, du könntest besser nicht machen, was du zwei- oder dreimal vergeblich versucht hättest, so hieß er dich, es zu vernichten und die schlecht gedrechselten Verse zurück auf den Amboß zu legen. Wenn du den Fehler lieber verteidigen als ihn ausmerzen wolltest, verschwendete er weiter kein Wort und keine fruchtlose Mühe, damit du dich und das Deine nur ruhig liebtest, allein und ohne Rivalen.
(In Horaz: Die Dichtkunst. Reclam 2008, S. 33)
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