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Donnerstag, 26. Juni 2008

Über das Umstandswort "wo"

Ich habe vor einigen Jahren einmal etwas über das mächtigste Wort in der Deutschen Sprache (man) geschrieben – und brauche heute an meinen kritischen Feststellungen von damals nichts zu ändern: (schlechte) Sprach- und Sprechgewohnheiten sind zählebig! Diesmal ärgert mich der Missbrauch eines Umstandswortes, weil er unsere Sprache in einer Art und Weise ärmer, ein-fältiger macht, die nicht hingenommen werden darf.

Eigentlich ist wo,

ein Umstandswort des Ortes/der Ortsbestimmung, ein-deutig: Berlin ist die Stadt, wo Siegessäule und Brandenburger Tor stehen.

Dabei braucht eine Fehlkonstruktion mit wo gar nicht so albern zu sein wie in der Feststellung: Das ist der Mann, wo bei uns die Gasuhr abliest – und sagen Sie bitte nicht, so spräche niemand! Beinahe richtig klingt etwa: Das ist nun eine Gelegenheit, wo wir unsere Erfahrungen einbringen können. Gelegenheit ist aber kein Ort, auf den hingewiesen werden darf. Und ebenso falsch ist der Satz Hier erreichen wir den Punkt, wo wir eingreifen müssen – denn auch ein Punkt ist kein Ort (– jedenfalls in der Sprache ist ein Punkt nur ein gedachter Einhalt!) Ebenso schlecht: Das ist ein Fall, wo man dann sagt ...

Manchmal verfolgt einen Schreiber sein sprachliches Gewissen. Da wird dann die Antwort des Dalai Lama auf die Frage nach dem Nirwana der Buddhisten mit »Nirwana ist vor allem ein Geisteszustand. Er ist schwer zu beschreiben. Ein Zustand, wo keine Emotionen mehr stören. Es ist kein wirklicher Ort« übersetzt.

Haben Sie für die Beispielsätze die sprachlich besseren Lösungen gefunden – das sind auch Ortsbestimmungen (bei/an ... )? Nur weisen sie nicht unmittelbar auf einen Ort hin, sondern sie lassen die Nähe offen.

Jetzt müssen Sie nur noch entscheiden:
»Dort, wo es bequem ist, verwenden wir eben auch ein Wort …« oder »Dann, wenn es bequem erscheint ...«

Horst Dinter

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