Ein Glas Wein ist fein, zwei Glas Wein, das lass sein. (Schriftstellerweisheit)
Die erste Pflicht der Musensöhne / Ist, daß man sich ans Bier gewöhne. (Wilhelm Busch)
Gegen die Blockade helfen natürlich auch andere Mittel. Vielleicht versuchen Sie es mit dem Füllfederhalter Ihres Vaters, vielleicht fällt Ihnen etwas ein, wenn Sie in die rechte obere Ecke der leeren Seite in einen Kringel die Seitenzahl malen. Oder Sie halten sich an SCHILLER, der „den Webstuhl da innen zum Sausen bringen“ wollte mit verfaulten Äpfeln, die er in seine Schreibtischschublade legte.
Auch andere Schriftsteller haben ihre Marotten. GOETHE ließ in seine halb fertigen Manuskripte weiße Blätter heften, um Ideen anzulocken. Bei CANETTI mussten mindestens zehn angespitzte Bleistifte auf dem Schreibtisch liegen; BALZAC benötigte eine bestimmte Sorte Federn, blaues Papier, Nacht und vierzig bis sechzig Tassen Kaffee, die er mit einer Kaffeemaschine zubereitete. Martin WALSER erzählt, dass er, als er am Fliehenden Pferd arbeitete, jedes Mal nach dem Mittagessen zuerst noch die Meistersinger gehört habe, warum, wisse er auch nicht. Bei der Verteidigung der Kindheit wäre es STRAWINSKY in den Schreibpausen gewesen. Andere Stimulantien als Musik kämen ihm wie Doping vor.
Joseph ROTH und Charles BUKOWSKI (und viele andere Schriftsteller) tranken beim Schreiben Alkohol. HEMINGWAY saß „ganze Vormittage in einem Pariser Café bei einem Crème und schrieb«, doch dann »tranken die Burschen in meiner Story, und das machte mich durstig, und ich bestellte einen Rum St. James“.
Berühmt ist aber JEAN PAUL für seine Vorliebe für Bier. Er schreibt, dass er früher zum Schreiben Kaffee gebraucht habe, aber nun könne er nicht mehr ohne den „befeuernden Schriftstellertrank“ leben; er trank Bier schon morgens, um seine Phantasie anzuregen; es „nährt, stärkt mir die Nerven und macht mich heiter“. Als Grund für den Umzug 1804 nach Bayreuth, das nach seinen Aufenthalten in Weimar eine literarische Wüste für ihn war, waren dementsprechend die drei großen B’s „Berge, Bücher und bitteres, braunes Bier“, die er als Minimum brauche: „denn bin ich nur einmal in Bayreuth, so soll ein ganz anderes Mäßigkeits-System anfangen. Himmel, wie werd' ich trinken, und doch mäßig.“ Er habe sich oft bei Gelagen zurückgehalten habe, um nicht die Kraft durch Trinken ohne Schreibzweck abzustumpfen.
Seinem Freund Emanuel, der ihn in jungen Jahren auch an entfernten Orten mit Bayreuther Bier versorgt hatte, schreibt er: „Ich wäre bei Gott täglich in Ohmacht gefallen ... wäre nicht Ihr Bier gewesen, meine Lethe, mein Paktolusfluß, mein Nil, meine vorletzte Ölung, mein Weihwasser ...“
Als ihm sein Bruder Gottlieb mal ein besonders wohlschmeckendes Bier schenkte, dankte ihm Jean Paul mit den Worten: „Vorgestern setzte die Akademie der Wissenschaften in München einen Preis von zwei Dukaten auf die beste Auflösung der Preisfrage: was in Baireuth jetzt das beste Gericht sei und was das beste Getränk? Gestern antwortete ich als Mitglied der Akademie: das beste hiesige Gericht sei ein Schinken von meiner Frau Schwägerin, und das beste Getränk sei das Bier, das mir eben mein Bruder ... geschickt. – Heute mit umlaufender Post hoff' ich die beiden Dukaten zu bekommen, wovon Du drei erhalten sollst. Ernstlich, lieber Bruder, mache nur, daß ich von Deinem herrlichen Bier recht bald, recht oft und recht lange bekomme.“
Seinen enormen Bierkonsum verteidigte er mit den Worten: „Was Trunkenheit ist - die nämlich den Geist lähmt, anstatt beflügelt - ... kenn' ich nicht.„
Ob Jean Paul nun Trinker war oder nicht – darüber sollen sich die Gelehrten streiten –, das Bier bestimmte sein Leben, sein Schreiben (jeden Morgen ging er in die Rollwenzelei, in dessen Dichterklause im Oberstübchen er liebevoll umsorgt von der Wirtin Dorothea Rollwenzel – der "besten Suppen- und Mehlspeisköchin im Staate Ansbach-Bayreuth", der „gescheitesten Frau von Bayreuth“ – viele seiner Bayreuther Texte und seine letzten Werke, den Komet und Selina oder über die Unsterblichkeit der Seele schrieb) und seinen – Tod. Er starb 1825 an Leberzirrhose.
Das Schreiben selbst kann sogar zur Sucht werden. Dirk R. MEYNECKE schreibt: »Damit führt etwas Regie in unserem Leben, an das wir unser Glück mehr oder weniger hängen. Das Mehr macht den Grad der Sucht, der Abhängigkeit aus. Nun kann bekanntlich alles süchtig machen: Alkohol, Arbeit, Liebe, Leim. Wer nun beim Schreiben eines Buches auf denselben geht, macht damit noch nichts Schlechtes; er sollte sich nur den Grad der Abhängigkeit eingestehen und seine Motivation erforschen.“
Mehr zur Schreibbblockade siehe hier http://juttas-schreibtipps.blogspot.com/search/label/schreibblockade
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