Und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt
Gab mir ein Gott zu sagen, was ich leide.
GOETHE
Gab mir ein Gott zu sagen, was ich leide.
GOETHE
Den Schriftsteller zeichnet außer der Sprachbegabung eine besondere Sensibilität und Leidensfähigkeit aus – auch wenn ihm das missfallen mag –, nur so ist Kreativität möglich. Dort, wo andere Menschen ächzen, trägt er die Last der Welt auf seinen Schultern, wo sie seufzen, schreit er sein Leid heraus, wo sie verstummen, weil sie keine Worte für das finden, was sie spüren, fängt er an zu sprechen. Für Heiner MÜLLER hört der Dichter statt süßer Töne die Schreie der Opfer, die der Lauf der Weltgeschichte verschlingt.
Schriftsteller sind, wie REICH-RANICKI schreibt, keine »besseren oder schlechteren Menschen, aber was den Schriftsteller von den anderen unterscheidet, ist wohl etwas, was Goethe mal sehr schön ausgedrückt hat: »Alles geben die Götter, die unendlichen, ihren Lieblingen ganz, alle Schmerzen, die unendlichen, alle Freuden, die unendlichen, ganz.« Ich hoffe, ich habe das einigermaßen richtig zitiert.* Die Lieblinge, das sind doch wohl die Künstler, das kann man nachlesen bei Goethe, daß er das Wort Liebling, Liebling der Götter, meist auf die Künstler angewendet hat. Die Schriftsteller sind also Menschen, die die Freuden und die Leiden stärker empfinden als andere Menschen, die die Phänomene ihrer Umwelt deutlicher, intensiver sehen. Das führt auch zur größeren Empfindlichkeit.«
Vor allem der Lyriker erlebt die Welt durch seine Gefühle, während die Romanautoren, so Hans-Jürgen HEISE, »sich stärker mit der Gesellschaft auseinandersetzen und sich selbst direkt oder indirekt als Figur im Spannungsfeld zwischenmenschlicher Beziehungen sehen, erfahren die Poeten vor allem die innere Vielfalt der Erscheinungen. Und in ihrer Art, der Dinge gewahr zu werden, ist noch etwas vom »wilden Denken« der Naturvölker enthalten.«
Das bedeutet aber auch, dass der Schriftsteller sich immer in einem Konflikt befindet: Einerseits muss er dem Alltag mit all seinen Forderungen gerecht werden, andererseits lebt er in seiner eigenen Welt, die ihm das fast unmöglich macht.
Der Schriftsteller findet für seine Empfindungen, für seine Sicht der Menschen und der Welt Worte, die dem Leser vermitteln, was er gefühlt oder gedacht hat. Er schreibt etwas Neues und Überraschendes – für den Leser und sich.
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*Leider nein. Richtig heißt es: Alles geben die Götter, die unendlichen, / Ihren Lieblingen ganz, / Alle Freuden, die unendlichen, / Alle Schmerzen, die unendlichen, ganz.
Un das gilt übrigens für alle Künstler.
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