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Dienstag, 7. November 2006

Metaphern in der Alltagssprache


Für Jean PAUL ist die Sprache ein »Wörterbuch verblasster Metaphern«. Verblasste Metaphern, die Katachresen (von gr. katáchresis: Missbrauch) werden nicht mehr als solche empfunden. Sie sind zu einem neuen, wörtlichen Begriff geworden wie Strom, Schalter, Tischbein. Der Fluss schläft nicht in seinem Bett und im Kindergarten werden keine Kinder angepflanzt. Die Orange ist der Begriff für eine Südfrucht, zugleich ist sie eine Katachrese, die sich auf die Farbe der Frucht bezieht.

Die Katachrese bezeichnet aber auch notwendige Metaphern, die als Ersatz für einen in der Sprache nicht vorhandenen Ausdruck benutzt werden wie zum Beispiel bei neuen Gegenständen in der Technik. Mit einem Fuchsschwanz kann man nicht sägen, mit einer Maus keinen Cursor bewegen und beim Elchtest beurteilen Gourmets keine nordischen Wildspezialitäten.

Wie oft lesen wir Sätze wie diese, ohne dass uns bewusst wird, dass es Metaphern sind: Florian fiel es schwer, seine Gefühle in Worte zu fassen. Seine Freundin Sandra drang einfach nicht zu ihm durch. Nun schieß los!, sagte sie – sie wollte endlich in die Tiefe gehen. Doch Florian blockte ab, er ließ nichts als hohle Phrasen raus. Sandra ärgerte sich über das leere Geschwätz. Wozu sollte sie seinen Problemen nachgehen, wenn er offensichtlich nichts mit ihr im Sinn hatte. Nach fünf Minuten riss der Gesprächsfaden ab, und Florian bereute, dass er sich ihr überhaupt geöffnet hatte. Sandra ließ das kalt; sie beschloss, auf ihrem Drahtesel nach Hause zu düsen, ein wenig im Internet zu surfen und in einem Chatroom zu landen. Sicher wird ihr ein Bruder im Geiste auf der Datenautobahn über den Weg laufen, der weniger verschlossen ist und dem sie ihr Herz ausschütten konnte.

Viele Metaphern finden wir in der Bibel: neuen Wein in alte Schläuche füllen; die Schale des Zorns ausgießen; nicht wert sein, jemandem die Schuhriemen zu lösen.

Die Metaphern in »Du machst mich mit deiner Eifersucht noch fertig, doch ich sage dir den Kampf an und irgendwann wirst du die Waffen strecken, das ist bombenklar« entstammen den Begriffen für den Kampf; »Ich werde meine Einstellung dazu noch weiter untermauern, und bestimmt zimmerst du dir Argumente dagegen zurecht« denen fürs Bauen. Manche Metaphern sind dem Spinnen oder Weben entnommen: »Na, da hast du dir ja eine Ausrede zurecht gesponnen«; dem Zeichnen oder Malen: »Deinen Einwänden fehlt die große Linie«, und der Fortbewegung: »Ich fürchte, wir werden in Zukunft den Weg nicht mehr gemeinsam gehen

Und viele Metaphern finden wir beim Wetter. Es ist kein Sturm im Wasserglas, wenn jemanden der Sturm der Leidenschaft packt. Wie oft steht eine Frau mit umwölkter Stirne, verhagelter Stimmung, vernebeltem Blick und gefrorenem Lächeln im Regen, weil sie vergebens auf den windigen Gesellen mit den blitzenden Augen wartet, der doch nichts ist als ein Blatt im Wind. Wieder einmal fühlt sie sich aufs Eis gelockt, beschließt, nie wieder Schönwetterreden auf den Leim zu gehen. Und Proteste werden auf ihn hageln und ein Sturm der Entrüstung wird auf ihn niederprasseln, wenn sie ihn wiedersieht.

SHAKESPEARE prägte Kanonenfutter, Wunsch als der Vater des Gedankens, Winter unseres Missvergnügens und den Zahn der Zeit, und für Hamlet gerät die Zeit aus den Fugen.

Und mit welchen Metaphern werden wir Schriftsteller bezeichnet? Hoffen wir, dass wir keine Bierdeckelpoeten, Buchstabenhengste, Federfuchser, Gebrauchsdichter, Literaturfabrikanten oder Phrasenschmiede sind, sondern Pegasus’ Töchter, Goethes Erben oder Frauen der Feder.

Und nun will ich nicht viel Federlesens um diese Metaphern machen (was bedeutete, dass man vornehmen Herrschaften angeflogene Federn vom Gewand las, um sich dadurch beliebt zu machen) und Ihnen nicht auf den Wecker fallen (von Wecker als Sinnbild des Alarmrufes für die höchste Alarmbereitschaft der Nerven).

Mehr zu Metaphern auf http://juttas-schreibtipps.blogspot.com/search/label/Metaphern, http://beta.blogger.com/post-edit.g?blogID=30491595&postID=116210555886994547 und http://beta.blogger.com/post-edit.g?blogID=30491595&postID=116175523705328582

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