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Mittwoch, 20. September 2006

Übers Widerspiegeln und andere Pleonasmen

Widerspiegeln sei ein Pleonasmus, hatte ich am 17. 9. geschrieben. Aber was ist das überhaupt? Pleonasmus (gr. pleonasmos: Überfluss, Übermaß) bedeutet den Zusatz zu einem Wort, der an sich selbstverständlich und damit überflüssig ist und daher auch nichts Neues sagt, wie weißer Schimmel oder schwarzer Rappe. Könner allerdings, aber wirklich nur die, verwenden ihn als Stilmittel zur nachdrücklichen Betonung wie bei "heiße Glut". Der nicht so geübte Autor sollte ihn vermeiden.

Auch das dünne Goldkettchen gehört dazu, da Kettchen bereits eine Verkleinerungsform ist, ebenso die geraden Fichtenstämme, die ein Spalier bilden. Schlendern bedeutet langsamen Schrittes gehen. Helmut eilte rasch zur Tür oder Raoul hastete eilig in die Kanzlei – kann man langsam eilen? Und man zwängt sich nicht in enge Jeans.

Gerade die allgemeinen Adjektive (keine Angst, auf diese werde ich noch zu sprechen kommen) sind oft Pleonasmen: Die Melodie rollte dahin mit mächtigen Akkorden; die kostbare chinesische Vase aus der Ming-Dynastie zersprang in tausend Stücke; Lisa lief mit nackten Füßen durch die Wellen – Akkorde sind immer mächtig, jeder weiß, dass eine Vase aus der Ming-Dynastie kostbar ist und Füße nackt sind. Gassen und Büchlein sind schmal, eine Kluft ist tief, und das Gras ist grün. Sie dürfen die Farbe nur betonen, wen, n das wichtig ist: Das rotgoldene Laub bildete zu dem grünen Gras einen wirkungsvollen Kontrast – da sich die Blätter im Herbst bunt färben, könnte das Gras bereits braun sein. Ein Baby schlummert immer friedlich.

Gestatten Sie, dass ich Ihnen das sagen darf, doch ich bin der Lage, Ihnen das sagen zu können: Pleonasmen sind auch die Wiederholung von Modalverben wie dürfen, können, müssen, sollen und wollen durch ein zusätzliches Wort: die Fähigkeit, Gedichte schreiben zu können; die Erlaubnis, den Computer benutzen zu dürfen; er hatte sich in den Kopf gesetzt, sie beschützen zu müssen, oder wie in: Jessika soll angeblich mit Matthias in Rom gewesen sein. Wolfram meint zwar, dass er sich möglicher Weise geirrt haben könnte, ihr Mann dürfte es aber vermutlich erfahren haben. In dem Satz "Wir sind imstande, mitteilen zu können, dass die Teilnehmer das Recht haben, sich eine Eintrittskarte aushändigen lassen zu dürfen" bedeuten imstande sein und können dasselbe, ebenso das Recht haben und dürfen. So oder ähnlich könnte der Satz lauten: "Wir teilen mit, dass den Teilnehmern eine Eintrittskarte zusteht" (warum kompliziert, wenn es auch einfach geht).

Und was wenige Autoren wissen: Oft führen sogar Abkürzungen zu Pleonasmen. Z. B. dürfen Abkürzungen wie z. B. nicht zusammen mit u. a. oder usw. verwendet werden. Aber dieser Satz ist schon falsch: Z. B. und wie sind ebenfalls Pleonasmen.

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