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Samstag, 2. April 2011

Über den korrekten Stil

Mit der sogenannten Correctheit des Stils geht es wie mit der Tugend. Wo sie allzu absichtlich und bewußtvoll ihr Wesen treibt, wird sie zur Pedanterie und hat ihren Werth verloren, der in etwas Geheimnißvollem und Unverdüfteten beruht. Ein gar zu correcter Stil gleicht dem französischen Gartengeschmack, der glatte Laubwände schneidet, aber keine Natur duldet. Man geht an den nach schönem Maaß gestutzten Bäumen vorüber, die geraden Linien der Wege entlang, und sucht den Wald, aus dem eine Putzstube geworden. Durch diese künstlichen, hochgezogenen Hecken dringt selbst der Sonnenstrahl nur in matten Schlagschatten, bei aller Regelmäßigkeit der Vertheilung ist die Beleuchtung schlecht, und die Perspective dürftig. Freies Gehölz mit bewegten Zweigen, worauf Drossel und Finke schlagen, sind unentbehrlich zum schönen Landschaftsbild, zu einem guten Stil.

Theodor Mundt: Die Kunst der deutschen Prosa. 8 

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